Weniger Energieverbrauch, mehr Sicherheit

Grundlagen der neuen Fotooxidationstechnologie

Industrieunternehmen, die eine Abluftreinigung zur Reduzierung von VOC bzw. Gerüchen betreiben, haben eine Reihe von Anforderungen an die einzusetzende Technik. So sollte sich diese neben möglichst niedrigen Invest- und Betriebskosten durch geringen Platzbedarf und hohe Betriebsstabilität auszeichnen. Flexible Möglichkeiten zur Anpassung an die Betriebsbedingungen im Hinblick auf zukünftige produktionsintegrierte Emissionsreduzierungen oder auch umgekehrt Kapazitätserweiterungen sind weitere gewünschte Vorzüge. Die Bestrahlung mit UV-Licht für die Desinfektion ist seit langem bekannt und erprobt. Der Einsatz zum oxidativen Abbau von VOC und Gerüchen in der Luft gelang jedoch erst in den letzten Jahren bis zur Anwendungsreife. Die weiterentwickelte neue Fotooxidationstechnologie zeigt bereits heute Möglichkeiten, diesen vielfältigen Anforderungen zu genügen.

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Bild 1: Ethanolabbau bei Lohnfertigung von Medikamenten,
bis 18.000m³/h, Schweiz

Fotooxidation

UV-Licht besteht aus elektromagnetischen Wellen, deren Energiegehalt direkt von der Wellenlänge λ abhängig ist. Je kürzer die Wellenlänge, desto energiereicher die Strahlung. UV-Strahlung kann in UV-A, UV-B, UV-C und VUV unterschieden werden. VUV (Vakuum-UV, auch fernes UV) ist die Strahlung <200 nm und damit die energiereichste Form, welche für technische Abluftreinigungsprozesse zur Verfügung steht. Eine typische UV-Lampe emittiert verschiedene Wellenlängen. Will man einen Schadstoff direkt durch radikalische Kettenreaktion mittels UV-Licht spalten, so muss dieser Schadstoff diese Wellenlänge auch absorbieren können (Bild 2). D. h., das Absorptionsmaximum des Schadstoffs und das Emissionsmaximum der Lampe sollten idealerweise zusammenfallen. Dieser Reaktionsprozess wird Fotolyse genannt. Man kennt für nahezu alle Verbindungen und funktionellen Gruppen diese Maxima. Sie hängen von den beteiligten chemischen Bindungstypen ab.

Fotolyse ist jedoch nicht der einzige Effekt, der für einen Schadstoffabbau genutzt werden kann. Je höher die Intensität der VUV-Strahlung, desto besser wird Luftsauerstoff ozonolysiert. Das entstehende Ozon zerfällt zu Radikalen, welche den Fotolyseprozess überproportional verstärken. Das in der Luftfeuchtigkeit enthaltene Wasser wird ebenfalls homolysiert, in OH-Radikale gespalten, welche ebenfalls an der Oxidationsreaktion mit dem Schadstoff teilnehmen:



Im Falle von nichtorganischen Verbindungen (z.B. H2S) bzw. substituierten Kohlenwasserstoffen laufen ähnliche Oxidationsreaktionen (hier stellvertretend zum SO2) ab:

Durch Integration von fotolytisch aktiven Katalysatoren im Reaktionsraum bzw. nachgeschalteten oxidativen Katalysatoren können diese Prozesse weiter verstärkt werden. Die photochemische Wirkung der UV-Strahlung wird gezielt zur Zerstörung der Schadstoffe eingesetzt. Die hierbei ausgelösten Reaktionen laufen bei ausreichender Bestrahlungsdauer dann bis zur vollständigen Mineralisierung ab. Für die Geruchselimination ist nur ein Teilabbau zu geruchsärmeren Produkten erforderlich.
Bild 2: Absorptionsspektrum von beispielhaften VOC-Komponenten [Quelle: VDI-Richtlinie 2441]

Technik

Man unterscheidet abhängig vom Fülldruck zwei Haupttypen von Strahlern: Niederdruckstrahler (ND) und Mitteldruckstrahler (MD). Niederdruckstrahler weisen Fülldrücke <1 bar auf, womit sich diskrete Emissionslinien bei 185 nm und 254 nm erzeugen lassen (Bild 3). Diese Lampen werden gewöhnlich für die Desinfektion genutzt und sind in der ganzen Welt als Massenprodukt mit Leistungsklassen von 10 bis 400 W erhältlich. Diese Klasse der Strahler kann durch gezielte spezifische Modifikationen auch zur Geruchselimination eingesetzt werden. Vorteil bei diesen Systemen ist die generell sehr hohe prozentuale Ausbeute an UVC-Leistung.

Der Fülldruck von Mitteldruckstrahlern beträgt 1 bis 10 bar, womit quasikontinuierliche Emissionsspektren und Leistungen von 1.000 W bis 32.000 W auf engstem Raum zu realisieren sind (Bild 4). Durch die Möglichkeit der Anpassung der Emissionsspektren an die Absorptionsspektren der Schadstoffe hat man es somit immer mit einem speziell entwickelbaren Produkt zu tun. Die Vorteile dieser in den letzten Jahren weiterentwickelten Lampen sind hohe Energiedichten und VUV-Ausbeuten, lange Lebensdauer, polychromatische Emissionen und geringe Betriebskosten.

Bild 4: Emissionsspektrum eines typischen Mitteldruckstrahlers [Quelle: VDI-Richtlinie 2441]
Das zu bestrahlende Abgas, wird mit einer Verweilzeit von wenigen Sekunden durch den UV-Reaktor geführt. Dabei durchströmt es die Behandlungsstrecke im UV-Reaktor entlang speziell angeordneter UV-Strahler mit hohem Wirkungsgrad. Die UV-Strahler im Reaktor bauen durch ihre Anordnung ein homogenes Strahlungsfeld auf. Die UV-Oxidations-Anlagen nach den Prinzipien der neuen Fotooxidation werden für kontinuierlich oder diskontinuierlichen Einsatz konzipiert. Zur stufenlosen Regelung der Anlagenleistung können externe Online-Messungen oder andere Prozessparameter integriert werden.

Auf diese Weise reinigt die UV-Oxidation Luft ohne Rückstände. UV-Oxidations-Anlagen nach den Prinzipien der neuen Fotooxidation bewähren sich seit Jahren erfolgreich: z.B. zur Behandlung von Abluft und bei der Eliminierung von Geruchsemissionen. Die UV-Oxidations-Anlagen nach den Prinzipien der neuen Fotooxidation bieten durch Konstruktion und Ausführung eine Reihe entscheidender Vorteile. Der modulare Aufbau der Anlagen ermöglicht die Anpassung direkt auf spezielle Bedürfnisse des Betreibers. Die Einbindung in bestehende Anlagen und Einrichtungen kann durch Anschlüsse nach Kundenwunsch und in verschiedenen Einbaulagen bei geringstem Platzbedarf erfolgen. Reinigungs- und Wartungsarbeiten können ohne Zeitverlust von Mitarbeitern des Anlagenbetreibers selbst durchgeführt werden. Die Anlagen bestehen aus standardisierten, robusten Großserienbauteilen und erhöhen durch Ihre bewährte Zuverlässigkeit die Verfügbarkeit der Anlagen. Die Instandhaltungskosten sind niedrig. Die UV-Anlagen sind wartungsarm und leicht zu bedienen.
Bild 3: Der Fülldruck von Mitteldruckstrahlern beträgt 1 bis 10 bar, womit quasikontinuierliche Emissionsspektren und Leistungen von 1.000 W bis 32.000 W auf

Verfahrensprinzipien - Direkte Fotooxidation (DF)

Bei der Direkten Fotooxidation (DF) wird der Abluftstrom im direkten Durchfluss mit UV-Licht und optional nachgeschaltetem Katalysator behandelt (Bild 5). Die hierdurch entstehende Abwärme wird mittels rekuperativem Wärmetauscher zur Aufwärmung der schadstoffhaltigen Rohluft genutzt. Der notwendige Leistungseintrag für die Oxidationsreaktion wird minimiert.
Bild 5: Fließschema Direkte Fotooxidation (DF) [Quelle: VDI-Richtlinie 2441]
Ein Teil der Schadstoffe wird direkt durch Fotolyse in der UV-Stufe abgebaut. Durch Ozonolyse und Homolyse werden im weiteren Verlauf bis in die Katalysatorstufe hinein weitere VOC mineralisert. Desweiteren bewirkt die UV-Bestrahlung durch Anregung der VOC-Moleküle eine Herabsenkung der erforderlichen Aktivierungsenergie für das System VOC-Katalysator, d.h., der Temperaturarbeitsbereich des Katalysators wird nach unten ausgedehnt. Das führt zu geringerem Heizbedarf (Betriebskosten) und Energieaufwendungen sowie einer Reduktion der erforderlichen Kontaktzeiten und damit Katalysatormengen (Investkosten). Umgekehrt wird hierdurch die Effektivität der Katalysatorstufe massiv erhöht.

Das Verfahren der Direkten Fotooxidation mit nachgeschalteter katalytischer Oxidation ermöglicht somit Einsparungen an Invest- sowie Betriebskosten gegenüber einer gewöhnlichen KNV von ca. 25 bis 75%. Diese Verfahrenskonzeption kommt meist bei hohen gleichbleibenden VOC-Konzentrationen (wie auch nach Aufkonzentrierung) zum Einsatz. Bevorzugt dann, wenn eine (nahezu) autotherme Betriebsweise möglich ist oder die Volumenströme so klein sind, dass größerer apparatetechnischer Aufwand nicht lohnt.

Verfahrensprinzipien - Regenerative Fotooxidation (RF)

Sind die Schadstoffkonzentrationsverläufe dagegen schwankend und/oder auf niedrigem Niveau, so empfiehlt sich das Verfahren der Regenerativen Fotooxidation (RF). Hierbei werden die Luftströme über eine Adsorptionsstufe geführt, die Schadstoffe abgeschieden. Der gereinigte Luftstrom emitiert mit Restkonzentrationen gemäß der zulässigen Grenzwerte. Das Adsorptionsmittel wird dann regelmäßig in einem separaten Kreislauf regeneriert, entweder periodisch mit Adsorptionsfiltern (AF) oder kontinuierlich bei Adsorptionsrädern (AR). Die beiden Varianten bedienen unterschiedliche Einsatzbereiche. Durch die gleichmäßige Aufkonzentrierung lassen sich bei der Regenerativen Fotooxidation genauso wie bei der Direkten Fotooxidation die Betriebskosten durch geringere Katalysatormengen und –temperaturen gegenüber einer KNV mit ca. 25 bis 75% deutlich reduzieren. Darüber hinaus lassen sich durch die wesentlich kleineren Regenerationsluftströme auch kleinere platzsparende Reinigungsmodule realisieren, was zusätzlich zu weiteren Einsparungen bei Invest und Betrieb führt.
Bild 6: Fließschema Regenerative Fotooxidation mit zweistraßiger Adsorptionsfiltration (RF-AF) für Dreischichtbetrieb [Quelle: VDI-Richtlinie 2441]

Regenerative Fotooxidation mittels Adsorptionsfilter (RF-AF)

Bei der Regenerativen Fotooxidation mittels Adsorptionsfilter wird der VOC-belastete Hauptstrom wechselweise über zwei parallele Adsorptionsstufen (bei 24h-Betrieb) geführt (Bild 6). Hierbei werden die schwankenden VOC-Frachten mit hohen oder niedrigen Schadstoffkonzentrationen komplett auf unter Emissionsgrenzwert durch Adsorption mittels geeignetem Adsorptionsmittel abgeschieden. Die austretende Abluft erfüllt dauerhaft die geforderten Reinluftgrenzwerte.

Bereits vor Erschöpfung des Adsorptionsmittels wird auf die zweite parallele frische Adsorptionsstufe umgeschaltet. Die erste Stufe geht in eine UV-Betriebsphase im Regenerationskreislauf. Dieser Kreislauf wird mittels Gebläse betrieben. Die Kreislaufluft wird hierbei über eine UV-Stufe und anschließend über eine Katalysatorstufe geführt, bevor sie zurück in die Adsorptionsstufe gelangt. Durch den Energieeintrag der UV-Strahlung erwärmt sich die Kreislaufluft bis auf Betriebstemperaturen, die für die Desorption und Regeneration des Adsorptionsmittels sowie für den Betrieb der Katalysatorstufe erforderlich sind. Bei erhöhten Mediumtemperaturen werden die zuvor adsorbierten organischen Schadstoffe wieder aus der Adsorptionsstufe unter definierten Bedingungen schnell und gleichmäßig ausgetrieben und mit dem Kreislaufabluftstrom der UV-Fotooxidation mit nachgeschalteter Katalyse zugeführt. Hier werden diese dann abgebaut bis zur vollständigen Mineralisierung (CO2, H2O). Durch diese Verfahrensweise lassen sich konstante und hohe VOC-Konzentrationen einstellen, welche die Effektivität der UV-Stufe drastisch erhöhen. Die schnelle Desorption führt zu deutlich kürzeren Regenerationszeiten gegenüber den Adsorptionszeiten. Nach Unterschreiten eines vorgegebenen Konzentrationswertes wird die UV-Stufe abgeschaltet. Die Adsorptionsstufe wird heruntergekühlt und steht dann regeneriert erneut für den Adsorptionsbetrieb im Standby bereit. Gewöhnlich werden die Systeme je nach Rohluftkonzentration für eine Regenerationsdauer von 15-35% der Adsorptionszeit ausgelegt.

Gegenüber der direkten Fotooxidation lassen sich durch diese Verfahrensweise enorme Einsparungen an Betriebsmitteln wie elektrischer Strom, Lampen und Katalysator erzielen. Neben der erhöhten Effektivität werden die wertintensiven Komponenten wie UV-Lampen und das eingesetzte Katalysatormaterial vor Belagsbildung, Vergiftung und Verblockung durch Aerosole, Stäube und sonstige aggressive Inhaltsstoffe im Hauptstrom geschützt. Dieses Verfahrensvariante kommt meist dann zum Einsatz, wenn sehr lange Standzeiten erwartet werden oder sogenannte Hochsieder-VOC eine Desorptionstemperatur von > 200°C erfordern. Für den Fall, dass zwischen den Betriebszeiten ausreichende Stillstandszeiten (z.B. 1- oder 2-Schichtbetrieb) zur Verfügung stehen, kann auch auf eine einstraßige Variante zurückgegriffen werden.

Regenerative Fotooxidation mittels Adsorptionsrad (RF-AR)

Für den Fall, dass keine Hochsieder mit Desorptionstemperaturen >200°C in der Abluft zu erwarten sind, kann auch auf eine kontinuierliche Abreinigung des Adsorptionsmittels umgestiegen werden. Diese hat wiederum den Vorteil, dass der ständige Temperaturwechsel der Anlagenteile minimiert wird. Für einen Emissionsbetrieb für überwiegenden niedrige bis mittlere bzw. stark schwankende Schadstoffstoffkonzentrationen wird ein sogenanntes Adsorptionsrad eingesetzt, auch Regenerative Fotooxidation (RF) mittels Adsorptionsrad genannt (Bild 7).

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Bild 7: Funktionsschema Regenerative Fotooxidation (RF) mit Adsorptionsrad
[Quelle: M. Szczepaniak]
Hierbei durchströmt der Rohluftstrom einen sich kontinuierlich drehenden Rotor aus Mineralfasern in axialer Richtung, der mit Adsorptionsmitteln (meist Zeolithe) besetzt ist. Hierbei entspricht die durchströmte anteilige Querschnittsfläche (Adsorptionszone) in etwa dem gewünschten Aufkonzentrierungsverhältnis. Die VOC der Rohluft werden auf den Adsorptionsmitteln abgeschieden. Der gereinigte Luftstrom entweicht. Ein Bruchteil der Rohluft durchströmt zuerst die sogenannte Kühlzone und kühlt den Teil des Rotors, der eben die heiße Desorptionszone verlässt. Im weiteren Verlauf wird dieser Strom durch Rekuperatoren weiter erwärmt bis er heiß genug ist um durch die Desorptionszone die abgeschiedenen VOC in einer hohen gleichmäßigen Konzentration zu desorbieren. Dieser kleine konzentrierte Strom wird der Fotooxidationsstufe mit nachgeschalteter Katalysatorstufe zugeführt, gereinigt und ebenfalls emittiert.

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